Zum Inhalt Zum Hauptmenü

04. September 2015

Immobilien-Experte Leers sieht beim Wohnungsbau in Mainz Chancen für eine Marktberuhigung

Allgemeine Zeitung
Rhein Main Presse 04.09.2015

Von Michael Erfurth

MAINZ – Volker Leers ist Geschäftsführer der Saarbrücker SBT Immobiliengruppe und in dieser Funktion an einem großen Wohnungsbauprojekt am Mainzer Zollhafen beteiligt.
Leers ist aber auch Präsident des Verbandes der saarländischen Wohnungs- und Immobilienwirtschaft. Und in dieser Funktion übt er Kritik an der Wohnungsbaupolitik in vielen Großstädten Deutschlands, in denen es an Bauflächen und damit an Wohnungen mangelt. Städte, in denen über hohe Preise für Mieten und Eigentumswohnungen geklagt werde, hätten es versäumt, vorausschauend ausreichend Bauland auszuweisen und selbst preisgünstig zur Verfügung zu stellen, sagt Leers im Gespräch mit der AZ zum Themenschwerpunkt „Mainz wächst“. In diesen „Schwarmstädten“ gab und gibt es zu wenig Wohnungsbau. Die Folge der fehlenden Wohnungen wiederum sei, dass bei Neubauten die Mieten teilweise dramatisch angestiegen sind und von vielen Menschen nicht mehr bezahlt werden können.
Zudem habe der Ausstieg des Bundes aus der Förderung von preisgünstigen Wohnungen und die Verlagerung dieser Aufgabe auf die Länder negative Auswirkungen: In vielen Bundesländern habe die Zahl der geförderten Wohnungen rasant abgenommen. Bei Entwicklungszeiten von bis zu zehn Jahren von der Baurechtsschaffung bis zur Fertigstellung von Wohnungen sei es ohnehin schwer, auf aktuelle Nachfragen bedarfsgerecht zu reagieren. Immer neue Auflagen, die von den Bauträgern und Wohnungsgesellschaften erfüllt werden müssten, machten das Bauen immer teurer, sagt Leers und verweist dabei beispielhaft auf die Energieeinsparverordnung. Als „völlig verfehltes Instrument“ bezeichnet der Verbandspräsident die von der Bundesregierung beschlossene Mietpreisbremse. Diese bremse die Anstrengungen zur Wohnungsversorgung letztlich aus. „Die Stadt Mainz hat die Zeichen der Zeit erkannt.“ So bewertet Leers indes seine Erfahrungen in der Landeshauptstadt. Mit den Neubaugebieten am Zollhafen und auf dem ehemaligen IBM-Gelände könnten jetzt zahlreiche Wohnungen in unterschiedlichen Preissegmenten entstehen, die den überhitzten Immobilienmarkt in Mainz etwas beruhigen könnten.
Dazu wolle auch die SBT Immobilien-Gruppe mit ihrem Projekt „Rheinallee II“ im Stadtquartier am Zollhafen einen Beitrag leisten, sagt Leers. Die Immobilienbeteiligung der SaarLB und saarländischer Sparkassen errichtet im Baufeld zwischen der Kunsthalle und der Straßenkreuzung zur Nahestraße einen Neubau mit 138 Wohnungen und 2000 Quadratmetern Gewerbefläche im Erdgeschoss, berichtet Felix Florack, der das SBT-Projekt entwickelt.
Ursprünglich war geplant, etwa 60 Eigentumswohnungen und 80 Mietwohnungen im Gebäuderiegel an der Rheinallee und den davor am Hafenbecken liegenden fünf Punkthäusern zu schaffen. Jetzt aber setzt die SBT komplett auf Mietwohnungen, die zum Quadratmeter-Preis von 11,50 bis 12,50 Euro angeboten werden sollen. Mit diesem für Neubauwohnungen in dieser Lage relativ günstigen Preis wolle SBT für Stabilität bei den Mietern sorgen, so Leers. Denn es sei durchaus damit zu rechnen, dass im Zollhafen das Mietniveau in einigen Jahren nicht mehr solche Höhen wie heute erreichen könnte. SBT plant, den Neubau mit oder nach der Fertigstellung an einen Versicherer oder ein Unternehmen aus der Zusatzversorgungsbranche als Kapitalanlage zu veräußern.
Mitte Juni hatte SBT bei der Stadt den Antrag auf Baugenehmigung zur Verwirklichung der Pläne des Büros Focht und Partner eingereicht. „lch bin seit 21 Jahren in der Immobilien-Branche tätig. Aber eine so gute und schnelle Betreuung wie in Mainz habe ich noch nicht erlebt“, richtet Leers lobende Worte an die Bauverwaltung, aber auch an die Zollhafen GmbH. „Uns wurde eine Baugenehmigung innerhalb von drei Monaten in Aussicht gestellt.“ Üblich in anderen Städten seien sechs bis neun Monate.
Noch im September will die SBT-Gruppe mit den Aushubarbeiten für die 160 Meter lange Baugrube beginnen, in der auch eine Tiefgarage mit 208 Stellplätzen entstehen soll. Ende 2017, so die Zielsetzung, könnten die Wohnungen, deren Größen sich zwischen 30 und 120 Quadratmeter bewegen, bezogen werden. Beim Thema Tiefgarage übt Leers indes Kritik an der Stadt. Eine Stellplatzvorgabe, die ab einer Wohnungsgröße von 60 Quadratmetern die Schaffung von 1,5 Parkplätzen vorschreibe, sei überholt. In Großstädten wie Mainz mit einem gut funktionierenden ÖPNV sei eine Abkehr der Bewohner vom eigenen Auto festzustellen. Die 1,5-Vorgabe sei daher zu hoch angesetzt und trage zur Verteuerung von Neubauprojekten bei. Allein ein Tiefgaragengeschoss in dieser aus bautechnischer Sicht schwierigen Lage direkt am Hafenbecken schlage mit fünf Millionen Euro zu Buche. „Das wirkt sich letztlich dann auch wieder auf die Miete aus.“